Wo kann die Loverboy-Methode rechtlich eingeordnet werden?
Wichtig zu wissen: Die Loverboy-Methode ist kein eigener Straftatbestand im deutschen Strafrecht. Sie ist vielmehr eine Täterstrategie im Deliktfeld Zwangsprostitution, beschreibt also das Vorgehen eines Täters die angewandt wird, um andere auszubeuten. Das heißt: Auch wenn der Begriff „Loverboy“ in Gesetzestexten nicht auftaucht, ist das Vorgehen sehr wohl strafbar und lässt sich juristisch einordnen.
Internationale Grundlage: Das Palermo-Protokoll
Die internationale Grundlage liefert das sogenannte Palermo-Protokoll der Vereinten Nationen. Es definiert Menschenhandel als das Anwerben, Transportieren oder Beherbergen von Personen zum Zweck der Ausbeutung – etwa durch Zwangsprostitution, Zwangsarbeit oder Organentnahme.
Dabei reichen Mittel wie Täuschung, Gewalt oder Ausnutzen einer Zwangslage. Bei Minderjährigen ist eine solche Ausbeutung grundsätzlich strafbar – auch ohne Anwendung dieser Mittel, da zwischen Kindern und Erwachsenen immer ein Machtgefälle gegeben ist.
Wichtig: Menschenhandel unterscheidet sich vom Menschenschmuggel. Während Letzteres die eine Straftat gegenüber staatlichen Grenzen darstellt, geht es beim Menschenhandel um schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen, die auch innerhalb eines Landes stattfinden können.
Übertragen auf die Loverboy-Methode: Die Täter beginnen mit der Anwerbung – oft durch den Aufbau einer vermeintlich romantischen, toxischen Beziehung. Die emotionale Abhängigkeit, die dadurch vom Täter aufgebaut wird, wird gezielt genutzt, um die Betroffene in die Prostitution zu drängen. Häufig geschieht dies durch Täuschung, emotionale Manipulation, Drohungen oder Gewalt. In vielen Fällen sind die Betroffenen so stark emotional abhängig, dass sie ihre Ausbeutung nicht als solche erkennen – oder meinen, freiwillig zu handeln. Doch rechtlich ist das unerheblich: Wenn Täuschung oder Zwang vorliegen, kann keine wirksame Einwilligung gegeben werden. Das nachzuweisen stellt allerdings eine große Herausforderung dar.
Deutsche Gesetzeslage: Menschenhandel und Zwangsprostitution
Auch wenn der Begriff Loverboy im Strafgesetzbuch nicht auftaucht, lässt sich das Vorgehen strafrechtlich klar einordnen – vor allem über die Paragrafen zum Menschenhandel und zur Zwangsprostitution.
§ 232 StGB – Menschenhandel
Dieser Paragraf regelt allgemein die Strafbarkeit von Menschenhandel, sowohl zum Zweck der sexuellen Ausbeutung als auch zur Ausbeutung von Arbeitskraft oder Organhandel. Für die Loverboy-Methode ist vor allem der Abschnitt über sexuelle Ausbeutung relevant.
Tatbestand ist z. B., wenn jemand eine Person durch:
- Täuschung,
- Drohung oder Gewalt,
- Ausnutzung einer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder
- Hilflosigkeit
zur Aufnahme oder Fortsetzung von sexuellen Handlungen oder zur Prostitution veranlasst, mit dem Ziel, sie auszubeuten.
Wichtig: Die reine Ausnutzung einer persönlichen oder altersbedingten Schwäche kann bereits genügen. Und: Der Versuch ist strafbar, d. h. schon das Anbahnen und Einleiten solcher Taten kann strafrechtlich verfolgt werden.
§ 232a StGB – Zwangsprostitution
Dieser Paragraf ist für die Loverboy-Methode besonders zentral. Hier geht es speziell darum, Menschen zur Prostitution zu zwingen oder auszubeuten. Die Strafbarkeit greift bereits, wenn eine Person durch eine der folgenden Bedingungen zur Prostitution gedrängt wird:
- durch Ausnutzung einer Zwangslage (z. B. Schulden, Obdachlosigkeit),
- durch emotionale oder psychische Abhängigkeit,
- durch fehlende Perspektiven oder Hilflosigkeit – insbesondere bei Aufenthalten im Ausland,
- oder durch das Ausnutzen des jungen Alters (bei unter 21-Jährigen).
Die Täter müssen dabei nicht unbedingt körperliche Gewalt anwenden. Die Loverboy-Methode funktioniert oft über emotionale Bindung, Manipulation und Abhängigkeit – und genau das erkennt das Gesetz als relevante Form der Ausbeutung an.
Das Strafmaß beträgt:
- Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren, je nach Schwere des Falls
- Besonders schwere Fälle (z. B. bei Beteiligung mehrerer Täter, Einsatz von Gewalt) können noch härter bestraft werden
- Auch hier ist der Versuch strafbar
§ 232a Abs. 6 StGB – Inanspruchnahme von Zwangsprostitution
Ein oft übersehener Punkt: Nicht nur die Täter machen sich strafbar, sondern auch Personen, die wissentlich oder grob fahrlässig sexuelle Dienste in Anspruch nehmen, von denen sie hätten erkennen können, dass sie unter Zwang erbracht werden. Auch diese Form der „Nachfrageseite“ wird also strafrechtlich sanktioniert – ein wichtiger Aspekt in der Bekämpfung sexueller Ausbeutung.
§ 181a StGB – Zuhälterei
Loverboy-Täter machen sich zusätzlich der Zuhälterei schuldig. Das ist der Fall, wenn sie:
- Personen zur Prostitution anstiften oder zwingen,
- einen Großteil der Einnahmen einfordern oder kontrollieren,
- sie ständig überwachen oder
- mit ihnen in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen.
Auch dies ist ein eigener Straftatbestand, der zusätzlich zu den oben genannten Paragrafen zur Anwendung kommen kann.
Fazit
Die Loverboy-Methode ist kein eigenständiger Straftatbestand – aber klar als Täterstrategie im Bereich des Menschenhandels und der Zwangsprostitution einzuordnen. Die juristische Einordnung hilft, das Ausmaß der Tat zu verstehen und deutlich zu machen, dass hier schwere Menschenrechtsverletzungen vorliegen – selbst dann, wenn die Betroffenen diese nicht immer sofort erkennen. Gerade weil die Loverboy-Methode subtil und oft ohne sichtbare Gewalt abläuft, ist es wichtig zu verstehen: Auch emotionale Abhängigkeit, Täuschung und das bewusste Ausnutzen von Schutzbedürftigkeit gelten rechtlich als Zwang – und sind strafbar.
*Dieser Artikel ist aus einer Bachelorarbeit entstanden, aber keine wissenschaftliche Quelle! Wenn du die Inhalte zitieren oder weiterverwenden möchtest, lese sie bitte im Kontext der Arbeit und verwende die richtigen Quellen 😉
Quellen
Gahleitner, S. B., Gerlich, K., Heiler, R., Hinterwallner, H., Schneider, M., & Völschow, Y. (2018). Psychosoziale Arbeit mit traumatisierten Frauen aus Gewaltverhältnissen: Ergebnisse aus einer Studie zum Thema Menschenhandel mit dem Zweck sexueller Ausbeutung. Asanger Verlag.
Körner, M. (with Universität Vechta). (2023). Die Loverboy-Methode in Deutschland: Erklärungsansätze emotionaler Abhängigkeit vor dem Hintergrund von Vulnerabilität und Täterstrategien im Deliktsfeld Zwangsprostitution. Verlag für Polizeiwissenschaft, Prof. Dr. Clemens Lorei.
UN. (2000). Protocol against the smuggling of migrants by land, sea and air, supplementing the United Nations convention against transnational organized crime.
UN. (2005). Zusatzprotokoll zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels, zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität.





